09. Februar
Von bösen Mächten wunderbar verdorben
Beim Elterntreffen hat die Theater AG mit ihrer Inszenierung von Bertold Brechts „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ das richtige Stück zur richtigen Zeit auf die Bühne gebracht.
Zerstörung des Wohlklangs
Am Ende steht er oben und dirigiert seine geknechtete Gefolgschaft. Beginne jeden Tag mit einem Lächeln, dann lächelt jeder Tag zu dir zurück. Danger Dans Pianomusik im Hintergrund der ungelenken Machtposen erinnert nur kurz an Dietrich Bonhoeffers geistliches Lied Von guten Mächten, bevor sie dann in einen dissonanten Screamo-Hardcore gleitet. Das sanfte Klavierspiel und die aphoristischen Liedzeilen werden von verstörendem Schreigesang unterwandert, der die Lebenswirklichkeit der in die Unterdrückung getriebenen Karfiolkumpanen auf eindrückliche Weise darstellt. Das unerträgliche Geschrei zerstört jeglichen Wohlklang, die Blumenkohlhändler werden von Ecke zu Ecke gescheucht, der diktatorische Gemüsegangster Arturo Ui steht auf der allerhöchsten Stufe des treppenartig angeordneten Bühnenbilds.
Originelle Inszenierung
In einer herausragenden Ensembleleistung brachte die Theater-AG unter der Leitung von Frau Koch (Lehrerin für Deutsch, Französisch und Theater) am 7. und 9. Februar Bertolt Brechts Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui auf die Bühne. Mit seinen historischen Anspielungen reflektiert das Stück auf satirische Weise die Umstände, die zu Hitlers Machtübernahme und schließlich zum Zweiten Weltkrieg geführt haben. Die Birklehofer Inszenierung nutzt in überzeugender Originalität ein breites Spektrum an theatralen Mitteln, um Brechts Bühnenparabel mit großartigen Ideen zu versehen. So platzen nach und nach von der Decke herunterhängende, unschuldig daherkommende rosarotweiße Luftballons und hinterlassen durch ein kreideartiges Pulver die blutrote Spur von Uis grinsender Mörderbande auf der ganzen Bühne.
Ulk und Gewalt
Das Publikum im Musikhaus konnte eine beeindruckende schauspielerische Qualität der Theater-AG bestaunen, die das komplexe Spannungsverhältnis zwischen roher Gewalt und ulkiger Absurdität in der Figurendarstellung geschickt meisterte. Insbesondere der Gangsterboss Arturo Ui wird – im Kontrast zu seinen kaltblütig eingefädelten Morden – konstant der Lächerlichkeit preisgegeben. In Kochs Inszenierung wird das ‚Schauspieltraining‘, mit dem sich Ui rhetorisch nach oben schwingen will, in mehreren Zwischensequenzen dargeboten. Auf diese Weise wird dem Publikum immer wieder vor Augen geführt, was für ein geltungssüchtiges Würschtl dieser Ui doch ist: Im trotteligen Hopserlauf bereitet er sich auf den einzuübenden „großen Stil“ vor, unbeholfene Körperhaltungen und eine schwülstige Sprechart machen ihn schlichtweg zur Lachnummer. Schauspielkunst lässt sich nicht für Propagandazwecke missbrauchen, sondern hält dem nichtsahnenden Ui indirekt den Spiegel vor.
Das richtige Stück zur richtigen Zeit
Mit Der aufhaltsamen Aufstieg des Arturo Ui sah das Publikum das richtige Stück zur richtigen Zeit. Brechts „historische Gangsterschau“ ist erschreckend aktuell: Die mahnenden Schlusszeilen aus dem Epilog des Stücks erfüllen am Ende chorisch das Musikhaus, in dem Tage zuvor Schüler:innen ihre Plakate präsentierten, die sie für die große Freiburger Demonstration gegen Rechtsextremismus gebastelt hatten – „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“
Unter tosendem Applaus wurden gefeiert:
Charlotte Büggeln (Caruther), Dylan Clements (Ui), Geza Dohna (Bowl), Lilly Franz (Betty), Mia Gerwien (Flake), Emilia Jacober (Clark), Mika Jenßen (Giri), Ida Kreutz (Schauspieler), Paul Maier (Dogsborough), Janniko Meishammer (Roma), Victor Nowak (Dockdaisy), Fey Fee Oberle (Givola), Julius Schaldach (Ignatius), Nellie Schipper (Fish), Feli Schletter (Mulberry), Julia Weimann (Butcher), Simon Geißler, Jannik Schmitz, Jannis Sauer (alle Licht und Ton) und Hannah Imbsweiler (Soufflierende).
Leitung: Janine Koch
Text: Matthias Hauk
Fotos: Hanspeter Trefzer, Wolfgang Finke