29. Juli

Von Rhinos, Spätzle und anderen Lebenswelten

Eine außergewöhnliche Reise durften sieben Schülerinnen und Schüler des Birklehofs in den Pfingstferien unternehmen. Sie reisten mit Oliver Bieber als betreuendem Lehrer nach Kenia und erlebten dort eine intensive, interkulturelle Austauschwoche an der Partnerschule „Starehe Boys Center“.

Den Namen dieses Internats dürfte fast jede Schülerin und jeder Schüler am Birklehof schon einmal gehört haben. Die Schule in Nairobi ist seit vielen Jahren mit dem Birklehof verbunden; unter anderem mit Spendeneinnahmen aus dem 24-Stunden-Lauf werden jedes Jahr einige kenianische Schüler gefördert.

Höchste Zeit, den Birklehofern zu ermöglichen, die Schule einmal selbst kennenzulernen, fand Oliver Bieber, der im Rahmen der letztjährigen Round Square Konferenz bereits einen ersten Besuch bei Starehe erleben durfte. Wenige Monate später stand die Reisegruppe fest: sieben Schülerinnen und Schüler aus den Klassenstufen neun bis 12 planten mit Oliver Bieber und seiner Frau Anja Bieber, welche Ideen zu interkulturellen Workshops und welche Eindrücke der deutschen Kultur nach Kenia mitgenommen werden sollten. Ein besonderer Schwerpunkt sollte sein, die rund 100 Schüler, die im Starehe Boys Center Deutsch lernen, mit neuen Unterrichtsmaterialien und altersgerechtem Lesestoff zu fördern. Außerdem konnte noch kurzfristig eine private Spendenaktion organisiert werden, um einem von Starehe unterstützen Kinderheim Kleidung und Spielzeug mitzubringen. Bestens vorbereitet und mit entsprechend eindrucksvollen Gepäckbergen brach die Gruppe am Pfingstsonntag ins große Abenteuer auf.

Die kenianischen Gastgeber übertrafen sich selbst. Die deutsche Reisegruppe durfte eine Woche erleben, die vielfältiger und beeindruckender nicht hätte sein können. In vielen Unterrichtsbesuchen durften sich die deutschen Gäste vorstellen und sich in intensiven Gesprächskreisen mit den Starehe Schülern austauschen. Ob Politik, Geschichte, persönliche Ziele oder der Vergleich der Lebenswelten Starehe – Birklehof, bei jedem Thema entstand ein angeregter Austausch, geprägt von viel Offenheit und Neugierde aufeinander.

Das Starehe Boys Center ist mit 1400 Schülern sehr viel größer als der Birklehof. Die Schule wird von Schülern aus ganz Kenia besucht, deren Schulgelder zumeist über Spenden finanziert werden. So hat das Starehe Boys Center bereits über 16.000 Jungen in Kenia die Chance auf eine erfolgreiche Zukunft gegeben, vor allem durch die tatkräftige Unterstützung ihrer dankbaren Alumni. Die Schule liegt unmittelbar an einem Viertel Nairobis, das von großer Armut geprägt ist. Bei den täglichen Fahrten durch die kenianische Großstadt – die deutsche Reisegruppe war in einem Hotel untergebracht – erlebten die Gäste immer wieder auch intensive Szenen des Alltagslebens in Kenia.

Neben einem tiefen Einblick und Partizipation bei den täglichen Abläufen in der Schule wurde der deutschen Reisegruppe auch ein außergewöhnliches Rahmenprogramm geboten: Gemeinsam mit einer fortgeschrittenen Deutschklasse von Starehe ging es mit dem Schulbus quer durch den Nairobi National Park und an Giraffen, Flusspferden, Nashörner und Antilopen vorbei. Im Sheldrick‘s Wildlife Trust erfuhr die Schülergruppe alles über die Aufzucht von verwaisten Elefanten- und Rhinobabies, und beim Ausflug in den Hell’s Gate Nationalpark erlebten die deutschen Schülerinnen und Schüler eine geothermische Natur-Inhalation und den Besuch eines Massai-Dorfs samt Spaziergang in traditionellen Gewändern. Auch die Schule „Starehe Girls Center“, ebenfalls Partnerschule und Pendant für kenianische Mädchen, wurde an einem Nachmittag besucht.

Im Gegenzug konnten sich die deutschen Gäste mit einem großzügigen Beitrag für die deutsche Bibliothek der Schule revanchieren, mit vielen Kommunikationsworkshops, einem herausfordernden Fußballspiel und einem gemeinsamen kenianisch-deutschen Kochworkshop, bei dem die kenianischen Schüler sowie das Küchenteam lernten, wie Spätzle geschabt werden – die Deutschen dagegen nahmen begeistert das Rezept für Capati und Pilau-Reis mit nach Hause. Höhepunkt und Abschluss der Woche war die Teilnahme an der feierlichen Assembly, einer Schulversammlung, die eindrücklich die Disziplin, den hohen Respekt für Werte und die Kultur der Starehe-Gemeinschaft verdeutlichte.

Kurz vor dem Rückflug nach Deutschland durfte die Birklehof-Gruppe einen weiteren, besonderen Besuch erleben. Der Schwesternorden St. Alphonsas in Nairobi nimmt sich Kindern an, die schwerst mehrfach behindert sind, aus ärmsten Verhältnissen stammen und vielfach Waisen sind. In einem Kinderheim etwas außerhalb von Nairobi kümmern sich die Schwestern um diese besonderen Kinder, die regelmäßig auch von den Starehe Schülern besucht und unterstützt werden. Hier konnten die Birklehofer ihre vielen gesammelten Spenden abgeben, und die Spielzeuge mit den Kindern gleich ausprobieren.

Auch hier leisteten die Birklehof-Schülerinnen und Schüler Großartiges und ließen sich einfühlsam auf die auch sehr bedrückende Lebensrealität der Kinder ein. Umso skurriler kam vielen aus der Gruppe der direkt danach beginnende, lange Rückflug mit Zwischenstopp im luxuriösen Flughafen Dohar in Katar vor. Auch die eigene Lebenswelt, zuhause wie am Birklehof, wurde von den Reiseteilnehmenden nachhaltig mit ganz anderen Augen gesehen.

Für Oliver Bieber war diese erste Kenia-Reise ein voller Erfolg und ein Erlebnis, von dem beide Seiten stark profitieren konnten. Dementsprechend denkt er mit den kenianischen Kolleginnen und Kollegen schon über eine Wiederholung des Angebots nach. Außerdem möchte der Birklehof im nächsten Schuljahr den Besuch von Starehe-Schülern in Deutschland möglich machen.

Fotos & Text: Anja Bieber

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