13. März

Über den Bundestag in die USA

Elias (Q2) hat es getan, Simon (Q1) wird es bald wagen: mit dem Parlamentarischen Patenschaftsprogramm des Deutschen Bundestages für ein Jahr als Austauschschüler in die USA zu gehen. Die beiden Birklehofer sprechen über ihre Erwartungen und Erfahrungen.

PPP – Was ist das?

Simon: PPP ist das Parlamentarische Patenschaftsprogramm. Es geht um einen Austausch zwischen dem US-Kongress und dem Deutschen Bundestag. Ausgewählte Jugendlichen bekommen einen Paten aus dem Bundestag an die Seite. Bei mir ist das Andreas Schwarz aus dem Wahlkreis meiner Heimat in Oberfranken. Es gibt 360 Stipendien in jedem Jahr, 285 entfallen auf die 299 Bundestagswahlkreise, die weiteren 75 gehen an junge Berufstätige. Für 10 Monate leben die 360 Jugendlichen aus Deutschland dann in den USA, während zeitgleich die gleiche Anzahl an Jugendlichen aus den USA nach Deutschland kommt, leider nicht an den Birklehof. 

Was ist eure Motivation?

Elias: Ich wollte unbedingt ein Auslandsjahr machen, das ist bei uns fast eine Familientradition. Ich habe mich für die USA interessiert, und da bin ich bei der Recherche auf das PPP gestoßen. Zu erleben, wie sich ein anderes demokratisch-politisches System im Alltag auswirkt, hat mich gereizt. 

Simon: Bei mir war es Zufall. Ich bin immer offen für neue Sachen. Als ich mir die App des Bundestags heruntergeladen habe, habe ich einen Artikel über das PPP entdeckt. Ich dachte mir, die Werte, die Motivation, das politische Interesse, das passt, bewirb dich mal.

Was hat euch für das PPP qualifiziert?

Elias: Das Programm sucht einen typischen Allrounder, eine Person mit soliden schulischen Leistungen, die sich darüber hinaus sozial engagiert. Ich bin zum Beispiel beim Technischen Hilfswerk tätig. Daneben sollte man grundlegende Englischkenntnisse mitbringen. Ziel des Programms ist es, den Austausch zu fördern. Als Stipendiat:in bist Du in den USA auch ein:e Botschafter:in für Deutschland. Du musst neugierig sein auf Unterschiede, nicht vorschnell urteilen und auskunftsfähig über unser politisches System sein. Dafür benötigt man eben die richtigen Qualifikationen, man sollte sozial aufgeschlossen sein und daneben etwas Leistung zeigen können. 

Simon: Man durchläuft verschiedene Auswahlrunden, da sollte man schon etwas Verständnis für die deutsche Politik und für die USA zeigen und ein gewisses Vorwissen haben.

Elias: Die Auswahlorganisationen schlagen dann drei bis fünf Kandidat:innen der oder dem Bundestagsabgeordneten vor. Die können dann sofort entscheiden oder die Kandidat:innen noch zu einem Gespräch einladen. Mein Gespräch mit Kirsten Lühmann war auf 30 Minuten angesetzt und dauerte dann über eine Stunde. 

Was waren deine Erwartungen an den Austausch, an die USA, Elias?

Elias: Die USA sind ein sehr großes Land. Bis zwei Wochen vor Abflug wusste ich nicht, wohin es genau geht, ob nach Alaska oder nach Texas, ob in eine Großstadt oder aufs Land. So konnte ich mich nicht auf etwas Spezifisches fokussieren. Ich war tatsächlich schon sehr daran interessiert, die politischen Aspekte zu erleben. Man liest von der starken Polarisierung in den USA, und ich wollte mit den Menschen ins Gespräch kommen und schauen, was sie über ihr Land denken. 

Simon: Elias, du warst mit den anderen Austauschschüler:innen auch bei einem Vorbereitungsseminar. Wie habt ihr euch vorbereitet? Was kann ich dort erwarten?

Elias: Ganz viele wunderbare, engagierte Menschen. Es ist ähnlich wie am Birklehof, diese Gemeinschaft, die man hier und s dort fühlt. Wir waren etwa 50 Leute aus den verschiedenen Wahlkreisen, innerhalb einer Woche wuchs das richtig zusammen. Wir haben dort integrative Sachen gemacht, aber auch inhaltlich zu den USA, der Politik und ihrer Geschichte gearbeitet, zum Beispiel mit Planspielen. Ich denke, eine sehr wichtige Einheit dabei ist: Wie denken US-Amerikaner und was erwarten sie von mir? Wir wurden auch auf die typischen Vorurteile gegenüber uns Deutschen aufmerksam gemacht und was US-Amerikaner grundsätzlich von einem Austauschschüler erwarten. Zum Teil sind das ganz banale Dinge.

Welche zum Beispiel? 

Elias: Man fährt Auto, egal wo es hingeht. Man hört es vielleicht oder sieht es in Filmen und Serien, aber dass es dann wirklich so ist, dass man das Haus nicht verlässt, außer man steigt ins Auto. Das ist schon eine andere Lebensrealität, auf die man sich einstellen muss. Das führt auch zu einer ganz anderen Abhängigkeit von den Eltern, oder in meinem Fall von der Gastfamilie, weil man als Austauschschüler in der Regel nicht Auto fahren darf.

Simon, was erwartest du von deinem Aufenthalt in den USA? Welche Erfahrungen wünschst du dir?

Simon: Ich kann keine Erwartungen haben, die Gesellschaft ist sehr heterogen, von ihrer Geschichte, von der Herkunft der Einwohner, von der Landschaft. Aber ich erwarte schon, dass ich gewisse Klischees oder das, was man aus den Medien kennt, auch in der Realität erlebe und spektakuläre Landschaften sehe.

Du warst fast ein Jahr in den USA, Elias, was hat dich dort am meisten überrascht?

Elias: Meine Gastfamilie. Ich bin in Texas platziert worden und dort in einer Familie gelandet, die sich „plant-based vegan“ ernährt, also ausschließlich auf Pflanzenbasis mit dem Fokus auf gesunde Ernährung. Zu der Zeit war ich Vegetarier und hatte Befürchtungen, wie ich damit in Texas zurechtkommen würde.

Und was hast du von dort mitgenommen?

Elias: Eine nachhaltige Veränderung für mich ist, dass ich zur veganen Ernährung gewechselt habe. Mit meiner Gastfamilie bin ich immer noch regelmäßig in Kontakt. Ich habe ein größeres Verständnis für die USA und die Menschen dort gewonnen; die soziale Ungleichheit und Diversität in der Gesellschaft gesehen. Ich habe mich mit Rednecks unterhalten und ihre Verbitterung erfahren, und ich durfte an meiner Schule eine sehr aufgeschlossene, international denkende Gemeinschaft erleben. Was auch daran liegt, dass in Wichita Falls, wo ich gewohnt habe, ein NATO-Stützpunkt ist, in dem Piloten ausgebildet werden. Wegen mehrerer Trauerfälle in meiner Gastfamilie habe ich zum Schluss sechs Wochen bei anderen Gasteltern gelebt. Politisch sind sie auf der anderen Seite des politischen Spektrums zu Hause, Waffenfans und zugleich als studierte Physiotherapeuten hochengagiert tätig für die Gesundheit der Schülersportler:innen. Besonders mein zweiter Gastvater ist sozial aktiv und arbeitet an einer Schule für ärmere Kinder. In seiner politischen Überzeugung ist er gegen jede Art von Sozialstaat, mit seiner Arbeit hingegen unterstützt er persönlich Bedürftige. Es ist eben oft ambivalenter und differenzierter, als es zu Teilen in Medienberichten gezeigt wird.

Simon: Ich habe das Glück, dass ich in der heißen Phase des Wahlkampfes in die USA reise. Das wird spannend sein, die Diskussionen zu erleben.

Hast du noch einen Tipp für den Trip von Simon, Elias?

Elias: Lass dich auf das Land und auf die Leute ein. Zwar herrscht dort auch eine westliche Kultur, aber es ist doch eine andere Welt.

Ich danke euch für das Gespräch.

Interview und Fotos: Wolfgang Finke

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