12. Oktober
Klimaschutz trotz Ukrainekrise
Umweltwissenschaftler und Altbirklehofer Ernst Ulrich von Weizsäcker faszinierte Zuhörerinnen und Zuhörer bei unserer Veranstaltungsreihe „Birklehof im Gespräch“.
Wir leben im Anthropozän
Anthropozän“ – so bezeichnet man das heutige geologische Zeitalter, in dem wir als Menschen zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren des Erdsystems geworden sind. Die hieraus abgeleitete besondere Verantwortung für die Zukunft des Planeten erfordert eine neue Aufklärung, eine neue Ökonomie, eine neue Politik und ein gemeinsames Handeln aller Generationen weltweit.
Altbirklehofer Ernst Ulrich von Weizsäcker
Mit diesen Kernaussagen eröffnete der Altbirklehofer Ernst Ulrich von Weizsäcker die dritte Veranstaltung „Birklehof im Gespräch“ am 12. Oktober 2022. Ernst Ulrich von Weizsäcker ist 1939 in Zürich geboren und besuchte die Schule Birklehof im Jahr 1952. Er machte 1957 sein Abitur in Göttingen und studierte erst Physik in Hamburg und dann Biologie in Freiburg mit Promotion.
Ein engagiertes Leben in Wissenschaft und Politik
Sein Leben ist geprägt von spannenden Stationen weltweit. 1972 erhielt Ernst Ulrich von Weizsäcker eine Professur für Biologie in Essen, 1975 war er Gründungspräsident der Universität Kassel und ab 1981 UNO-Beamter in New York. 1984 wurde er Direktor des Instituts für Europäische Umweltpolitik und 1991 Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie. Ab 1998 war er für die SPD Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 2006 leitete er die kalifornische Umwelthochschule in Santa Barbara. 2009 ist er wieder in die Nähe des Birklehofs gezogen und lebt nun in Emmendingen. 2012-2018 war er Ko-Präsident des Club of Rome.
Vortrag an seiner alten Schule
Für seinen Vortrag war Ernst Ulrich von Weizsäcker an seine alte Schule gekommen. Schulleiter Henrik Fass begrüßte den prominenten Alumni im Turmzimmer gemeinsam mit vier Schülerinnen und Schülern, die sich gewissenhaft auf die Diskussion vorbereitet hatten. Über 80 virtuelle Teilnehmer:innen schalteten sich per Videokonferenz dazu.
Klimakrise: Es ist Zeit zu handeln
Während seines mitreißenden Vortrages zum Thema „Klimaschutz trotz Ukrainekrise“ erläuterte Ernst Ulrich von Weizsäcker den Unterschied zwischen der leeren Welt von früher und der heutigen vollen Welt. Er zeigte auf, dass der Großteil der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele weiterhin auf Wachstum ausgelegt sind und dass die Wassererwärmung, die unweigerlich zum weltweiten Anstieg des Wasserspiegels führen wird, viel dramatischere Folgen für unser Leben haben kann als die häufig als Hauptproblem dargestellte Lufterwärmung.
Mit den vorgestellten Ergebnissen evidenzbasierter Studien hat Ernst Ulrich von Weizsäcker schnell einen linearen Zusammenhang zwischen dem Wirtschaftswachstum und der Klimaschädigung aufzeigen können und eine klare Forderung nach der Entkoppelung dieser zwei Bereiche aufgestellt.
Für eine neue Aufklärung
Anhand spannender Berechnungen zeigte er die hierfür erforderlichen Schritte auf: die Erhöhung der Energie- und Stoffeffizienz sowie den Übergang von fossilen Energieträgern auf Solar- und Windenergie. In beiden Bereichen sieht Ernst Ulrich von Weizsäcker erhebliche Potenziale, die es dringend zu nutzen gilt. Zum Ende seines Vortrages forderte der Umweltwissenschaftler eine neue Aufklärung einhergehend mit der Erkenntnis, dass alles auf dieser Welt eine neue Balance erfordert.
Lebhafte Diskussion: Wie kann es gelingen?
Es war nicht verwunderlich, dass die von Ernst Ulrich von Weizsäcker aufgeworfenen Themen eine rege Diskussion auslösten. So interessierte die Teilnehmer:innen, ob eine ökologischere (und weniger ökonomische) Politik die Lücke zwischen Ober- und Unterschicht eher schließen oder öffnen würde. Sie fragten, wie man das erforderliche Bewusstsein für die Dringlichkeit unseres Handels schaffen kann und wie man das Dilemma zwischen dem Verzicht und der daraus entstehenden Unannehmlichkeiten und möglichen Proteste lösen kann. Die einleitend aufgestellte Forderung nach einem weltweiten Handeln führte auch zu der Frage, wie man die hierfür erforderliche internationale Kooperationsbereitschaft sicherstellen kann.
Noch mehr Fragen im Anschluss
Während sich die virtuellen Teilnehmer:innen gegen 19 Uhr und mit vielen positiven Chat-Beiträgen verabschiedeten, beantwortete Ernst Ulrich von Weizsäcker im Anschluss noch weitere Fragen der Birklehof-Schülerinnen und -Schüler.
Birklehof im Gespräch: Kommender Schulleiter Rüdiger Hoff ist nächster Gast
Im Rahmen der nächsten Veranstaltung von „Birklehof im Gespräch“ am 1. Februar 2023 wird sich Herr Rüdiger Hoff, der künftige Schulleiter online vorstellen und gerne Fragen des Publikums beantworten. Wir freuen uns auf eine rege Teilnahme!
Fotos: Elisabeth Ilg
Text: Nino Virubova