19. März
„Birklehof im Gespräch“ mit Pfarrerin Judith Uhrmeister
„Ich fühle mich wie bei einem Altbirklehofertreffen“, sagte Judith Uhrmeister zur Eröffnung der siebten Ausgabe der digitalen Reihe „Birklehof im Gespräch“. Gleich nach dem Versand der Einladung wurde ein Netzwerk aus Altschülerinnen und Altschülern aktiv, die Judith lange nicht mehr gesehen oder gesprochen hatte. Genau diese Netzwerke prägen uns Menschen, tragen uns durch die Herausforderungen des Alltags und sind entscheidend für unsere Resilienz in unsicheren Zeiten.



Anders als bei den bisherigen Veranstaltungen wurde das Gespräch mit Judith seitens der Schule von Herrn Magnus Pollak, Lehrer für Religion und Mitglied des Leitungsteams, moderiert. Die Anregung, je nach Thema auch weitere Vertreter des Kollegiums vorzustellen, kam von mehreren treuen Zuhörerinnen und Zuhörern unserer Reihe. Aus der Schülerschaft begleiteten Felicitas Schletter (Klasse 10), Hannah Mader (Q1) und Feras Saleh (Q1) das Gespräch – alle drei mit unterschiedlicher religiöser Prägung und entsprechend individuellem Bezug zum Thema Religion.
Judith Uhrmeister war von 1997 bis 2002 am Birklehof und studierte anschließend Evangelische Theologie in Münster. Nach redaktionellen Stationen im Medienverband der Evangelischen Kirche im Rheinland und in der Redaktion „Religion, Theologie und Kirche“ des WDR trat sie 2012 ein Vikariat in der Johanneskirche Düsseldorf an. 2016 folgte der Probedienst in der Evangelischen Emmaus-Kirchengemeinde Düsseldorf, bevor sie 2018 zur Pfarrerin der Ev. Kirche im Rheinland ordiniert wurde. Seit Sommer 2024 ist sie Pfarrerin der Evangelischen Studierenden- und Studentengemeinde Hannover. In dieser Rolle möchte sie junge Menschen dazu anregen, ihre Geschichte im Licht des Evangeliums zu erzählen und ihnen eine Öffnung in Richtung Himmel aufzeigen. Ein großes Anliegen ist ihr außerdem die Entwicklung eines zeitgemäßen „Online Campus“ der Kirche gemeinsam mit den Studierenden.
Ihr erster Kontakt mit Religion und damit auch die Motivation für ihren späteren beruflichen Weg entstand im Religionsunterricht bei Herrn Franke. Er bot Judith einen vertrauten und geschützten Raum, in dem sie das Thema Religion hinterfragen, strapazieren und ihre eigene Perspektive erweitern konnte. Sie entdeckte, dass man Fragen stellen kann, auf die es keine Antwort gibt – auch nicht von der Religion: Wann ist man ein Mensch? Wie geht man mit Grenzen um? Warum passieren so viele schlimme Dinge auf der Welt? Im Unterricht von Herrn Franke entwickelte Judith ihre Liebe zu religiösen Texten, die sie im Beruf um eine für sie besonders wichtige neue Dimension erweitern konnte: Sie brachte die Texte zu den Menschen und setzte sie in den Kontext individueller Schicksale und Lebenssituationen. Dies stets mit dem Bewusstsein, dass ihr kein besonderes Wissen zur Lösung von Problemen zur Verfügung steht – aber, dass sie andere dazu ermutigen kann, selbst zu denken, wahrzunehmen und zu vertrauen.
Nach dieser kurzen Ausführung, was sie als Pfarrerin geprägt hat, eröffnete Judith die Frage-Runde für die Schülerinnen und Schüler am Birklehof sowie für die zugeschalteten Teilnehmenden. Die Fragen waren sehr vielfältig: von der Aktualität des Bildes Gottes als alter Mann, über die Wahrnehmung Gottes als Gegenüber auf Augenhöhe versus übergeordnete Instanz, bis hin zum Einfluss aktueller Weltereignisse auf die Rückkehr zu oder Abkehr vom Glauben und von der Kirche. Judith betonte, dass Religion viele zeitlose Themen umfasse – Tod, Verbundenheit, Schuld. Diese Themen bleiben, müssen aber immer wieder neu in die Gegenwart übersetzt werden. Gott erlebt sie als Gegenüber auf Augenhöhe – etwa im Gebet, aus dem sie Kraft und Inspiration schöpft. Es gibt aber auch Momente, in denen man Gott nicht auf Augenhöhe begegnet, ihn nicht versteht oder nicht findet. Es ist wichtig, auch das Böse nicht auszublenden, sondern bewusst wahrzunehmen und zu reflektieren.
Diskutiert wurde auch die Frage, inwieweit sich die Institution Kirche und ihre Traditionen verändern müssen, um dem sichtbaren Bedürfnis nach Spiritualität – etwa durch die zunehmende Beliebtheit von Meditation – gerecht zu werden und mehr Menschen wieder für die Kirche zu gewinnen. Besonders spannend war die Antwort auf die Frage, wie sich der Wunsch, Religion weiterzugeben, mit dem Zweifel vereinbaren lässt. Judith lässt beides zu – den Glauben und den Zweifel. Religion sei zweckfrei; man brauche einen geschützten Raum und Freiwilligkeit, um Fragen zu stellen, auf die es keine Antworten gibt.
Natürlich wurde auch gefragt, ob Judith eher zum Team Weihnachten oder zum Team Ostern gehört. Ihre Antwort fiel eindeutig aus: Team Ostern – insbesondere wegen der Vielzahl menschlicher Facetten, die sich in diesem Fest spiegeln. Ihr Bild der Auferstehung ist der traditionelle Ostergottesdienst, der in den dunklen Morgenstunden beginnt. Die Menschen erleben den Sonnenaufgang nicht direkt, aber wenn sie aus der Kirche treten, stehen sie plötzlich im hellen Licht – sie erleben den Wandel erst im Nachhinein.
Mit diesem schönen Bild wünschen wir Ihnen allen frohe Osterfeiertage und freuen uns auf ein Wiedersehen bei der nächsten Veranstaltung in unserer Reihe „Birklehof im Gespräch“.
Fotos & Text: Elisabeth Ilg

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