Geschichte & Persönlichkeiten
Die Schule Birklehof blickt zurück auf eine bewegte Geschichte. Sie wurde geprägt von Persönlichkeiten, deren demokratischer Geist und pädagogische Weitsicht sich immer wieder als aktuell erweisen und Orientierung geben. Ihrem Erbe fühlen wir uns verpflichtet.
Geschichte
Anfang der 1920er Jahre erwarb die Berliner Industriellenfamilie Wendelstadt den Birklehof oberhalb des Höllensteigs samt dazugehörigem Grundbesitz auf den Gemarkungen Hinterzarten und Breitnau. Das Haupthaus mit dem markanten Glockenturm wurde 1923 erbaut und diente der Familie als Sommersitz.
Infolge der Weltwirtschaftskrise von 1929 suchte die Familie eine neue Nutzung für Gebäude und Gelände. Sie nahm Kontakt zu dem Politiker und Reformpädagogen Kurt Hahn auf. Denn er hielt Ausschau nach einer Zweigstelle im Schwarzwald für die von ihm gegründete Schule Schloss Salem. Im Sommer 1932 wurde die Schule Birklehof als Landerziehungsheim für Jungen und Mädchen gegründet.
Bereits nach einem Jahr löste sich der Birklehof von Salem und entwickelte sich zu einer eigenständigen Internatsschule. Ihr Status blieb wegen der freien Trägerschaft und des reformpädagogischen Profils unter dem Nazi-Regime bis zur verordneten Verstaatlichung 1944 gefährdet.
Nach dem Krieg eröffnete der Philosoph, Theologe und Pädagoge Georg Picht die Schule wieder. Mit seiner 1964 veröffentlichen Artikelserie zur „Bildungskatastrophe“ löste er eine breite politische Debatte aus, die zu weitreichenden Bildungsreformen in Deutschland führte. Der Birklehof entwickelte sich zu einer herausragenden pädagogischen Einrichtung und führte als eine der ersten (Model-)Schulen in Baden-Württemberg die Oberstufenreform mit Kurssystem ein.
Kurt Hahn
Kurt Hahn (1886-1974) war ein deutscher Pädagoge und Politiker. 1919 gründete er mit Prinz Max von Baden, 1918 letzter Kanzler des Deutsche Kaiserreichs, das Landschulheim Schloss Salem mit reformpädagogischer Ausrichtung in Bildung und Erziehung. Im Jahr 1932 folgte die Gründung des Birklehofs als Schwesterschule Salems.
1933 ging der erklärte Gegner der Nationalsozialisten und Sohn jüdischer Eltern nach England ins Exil, nachdem er durch die Intervention prominenter Freunde aus der Gestapo-Haft freikam. In Gordonstoun in Schottland baute Kurt Hahn ein weiteres Internat auf und war dort viele Jahre Lehrer und Erzieher, unter anderem von Prinz Philipp, den späteren Prinzgemahl der Königin Elisabeth II. von England.
Noch in Gordonstoun entwickelte er das Outward Bound-Programm. Nach dem Krieg entwarf Kurt Hahn das Konzept der United World Colleges (UWC) als Beitrag zu Frieden und Völkerverständigung. Mit Prinz Philipp als Schirmherrn und Namensgeber schuf er das internationale Jugendprogramm Duke of Edinburgh Award.
„Plus est en vous“ – Es ist mehr in dir, als du denkst. Diesem Leitspruch von Kurt Hahn fühlen wir uns mehr denn je verbunden.
Georg Picht
Georg Picht (1913-1982) war ein deutscher Philosoph, Theologe und Pädagoge. Von 1946 bis 1955 leitete er die Schule Birklehof und wechselte anschließend in den Schulvorstand.
Georg Picht wuchs auf dem Birklehof auf und besuchte in Freiburg das Gymnasium. Nach dem Studium der Altphilologie und Philosophie und einer Tätigkeit an der Berliner Akademie der Wissenschaften unterrichtete er ab 1939 Alte Sprachen am Birklehof. Als die Nationalsozialisten die Schule 1944 verstaatlichten, wechselte er an das Institut für Altertumswissenschaften in Freiburg.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er mit dem Wiederaufbau und der Leitung der Schule Birklehof betraut. Basierend auf seinen liberalen Erziehungsidealen und den Erkenntnissen der Reformpädagogik konzipierte Georg Picht den Birklehof als Reformschule. Er war bestens vernetzt mit den führenden Pädagogen, Bildungswissenschaftlern und Politikern seiner Zeit und Mitgründer der Vereinigung Deutscher Landerziehungsheime, die Vorgängerorganisation der „Die Internate-Vereinigung“ (DIV). 1965 wurde er als erste Persönlichkeit mit dem Theodor-Heuss-Preis ausgezeichnet.
Vom Birklehof aus inspirierte Georg Picht die bildungspolitische Diskussion der Bundesrepublik in den 50er und 60er Jahren mit vielbeachteten Schriften wie „Die Bildungskatastrophe“, die schließlich in die Bildungsreformen Ende der 60er Jahre mündete.
Edith Picht-Axenfeld
Edith Picht-Axenfeld (1914-2001) war eine deutsche Cembalistin, Pianistin und Organistin. Sie wurde in Freiburg geboren. Während ihres Studiums erhielt sie unter anderem Unterricht von Albert Schweizer im Orgelspiel. 1937 heiratete sie Georg Picht und unterrichtete in den folgenden Jahren Musik und Klavier am Birklehof. Unter dem Nazi-Regime war sie wegen ihrer jüdischen Herkunft zeitweise mit Auftrittsverbot belegt.
Edith Picht-Axenfeld war eine anerkannte Konzertpianistin und Bach-Interpretin. Bachs Gesamtwerk für Klavier, aber auch Werke von Chopin und Schubert hat sie für namhafte Labels eingespielt. Die Berliner Philharmonikern unter Herbert von Karajan begleitete sie als Cembalistin bei den Aufnahmen von G.F.W. Händels Concerto Grosso op. 6. Sie lehrte nach 1945 an der Hochschule für Musik in Freiburg Klavierdidaktik und setzte sich für zeitgenössische Musik ein.
Edith Picht-Axenfeld prägte das musikalische Profil der Schule Birklehof und initiierte den Bau des schuleigenen Musikhauses mit Übungsräumen und Konzertsaal. Sie veranstaltete an der Schule öffentlichen Konzertreihen und legte den Grundstein für die Kooperation mit der Hochschule für Musik in Freiburg. Bis zu ihrem Tod 2001 lebte sie im Altbirklehof auf dem Gelände der Schule. Der große Konzertsaal im Musikhaus ist nach ihr benannt.